Berlin. Die Kanarischen Inseln sind für ihre Vulkane bekannt. Einige davon waren zuletzt besonders aktiv – nun gilt bereits Alarmstufe Gelb.

  • Die kanarischen Inseln wurden in den letzten Tagen von zahlreichen Erdbeben erschüttert
  • Die Behörden waren alarmiert – vieles deutete auf einen baldigen Vulkanausbruch hin
  • Nun sind die Befürchtungen eingetreten, der Vulkan Cumbre Vieja ist ausgebrochen

Die älteren Bürger auf La Palma können sich noch gut an den letzten Vulkanausbruch auf der zu Spanien gehörenden Kanaren-Insel im Atlantik erinnern: Erst bebte tagelang die Erde. Dann wölbte sich die Inseloberfläche im Süden um mehrere Zentimeter nach oben. Schließlich rissen Krater auf und schleuderten glühend heiße Lava heraus. Das geschah ziemlich genau vor 50 Jahren, im Oktober 1971.

Nun sind die Befürchtungen wahr geworden, der Vulkan Cumbre Vieja ist ausgebrochen. In Tagen zuvor hatten Erdbeben "bedeutende Veränderungen in der Aktivität des Vulkans" gezeigt, wie das Vulkanologische Institut der Kanaren berichtete.

Kanaren: Tausende Erdbeben registriert

In den letzten Tagen wurden mehr als 4200 Erdbeben registriert. Sie wurden immer heftiger, teilte das Nationale Geografische Institut (IGN) mit. Zudem sei der Erdboden stellenweise leicht nach oben gedrückt worden. Dies deute darauf hin, dass sich unter der Cumbre Vieja Magma staue. „Wir können keine Vorhersagen für die nächsten Tage machen, aber alles deutet darauf hin, dass die Erdbeben stärker und für die Bevölkerung spürbarer werden“, zitierte die Zeitung die Direktorin des IGN für die Kanaren, María José Blanco.

Der bisher stärkste Erdstoß ereignete sich nachts und hatte eine Stärke von 3,5 auf der Richterskala. „Die Schranktüren, das Bett und die Fenster wackelten“, berichtet ein Bewohner, der durch die Vibrationen geweckt wurde.

Die Gebirgskette Cumbre Vieja ist die aktivste Vulkanlandschaft der Kanaren. In den letzten 600 Jahren öffneten sich die Krater in dem Höhenzug bereits siebenmal. Die gesamten Kanarischen Inseln verdanken ihren Ursprung ebenfalls vulkanischen Aktivitäten. Die Inseln formten sich vor Millionen Jahren durch eine gewaltige Lavaexplosion im Atlantik.

Aktive Vulkane in Europa

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    Vulkan schlummerte kilometertief in der Erde

    „Früher oder später wird es auf La Palma zu einer Eruption kommen“, warnt Luca D'Auria, Chef des kanarischen Vulkaninstitutes Involcan, das für die Überwachung der Inselkrater zuständig ist. „Der Cumbre Vieja ist ein aktiver Vulkan.“ Er habe seit Jahren kilometertief in der Erde geschlummert, sei aber nie erloschen gewesen.

    Der Nationalpark von La Palma ist bei Wanderern sehr beliebt.
    Der Nationalpark von La Palma ist bei Wanderern sehr beliebt. © imago/Klaus Rose | Klaus Rose

    Nur wann der Vulkan wieder ausbrechen wird, das war noch unklar. „Das kann Wochen, Jahre oder auch Jahrzehnte dauern“, sagte D'Auria im Radio. Allerdings steige durch die seismologische Entwicklung die Wahrscheinlichkeit, dass der Ausbruch „in den nächsten Wochen oder Monaten“ erfolge.

    Die von den Messinstrumenten registrierten Signale deuteten auf eine Eruption hin: Die Häufigkeit und Intensität der Erdstöße nahm zu. Ihr Epizentrum wanderte immer weiter nach oben. Zunächst lag der Mittelpunkt der Bebenaktivitäten in 8-12 Kilometer Tiefe, am Mittwoch waren es nur noch 1-3 Kilometer. Die Erdoberfläche des Cumbre Vieja hob sich in wenigen Tagen um 1,5 Zentimeter. Der Ausstoß von Vulkangasen stieg.

    Kanarische Inseln: Behörden aktivieren Vulkanwarnampel

    „Es ist wichtig, dass wir vorbereitet sind“, sagte D'Auria. Deswegen hatte die regionale Regierung für den Inselsüden die erste Stufe der Vulkanwarnampel aktiviert: Es herrscht „gelber Alarm“. Das bedeutet, dass ein Ausbruch in nächster Zeit möglich ist. Auf dieser Stufe wird die Überwachung des Vulkans verstärkt, der Katastrophenschutz bereitet sich vor, Krisenpläne werden durchgespielt und die Bevölkerung sowie die Touristen werden aufgerufen, die Informationen zur Lage aufmerksam zu verfolgen. Springt die Ampel auf rot, wird es ernst: Dann laufen Evakuierungspläne an.

    Im betroffenen südlichen Inselgebiet liegen vier Gemeinden mit insgesamt 35.000 Einwohnern. Die größte Ortschaft dort ist Los Llanos de Aridane, eines der touristischen Zentren der Insel mit zahlreichen Hotel- und Appartementanlagen, in denen sich jetzt im September viele Touristen aufhalten. La Palma, eine der kleineren Kanareninseln, wird jedes Jahr von Zehntausenden Urlaubern besucht – die meisten kommen aus Deutschland.

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    Vulkan-Ausbruch auf Kanaren? Das ist Cumbre Vieja

    • Der rund 2000 Meter hohe Cumbre Vieja (dt. Alter Gipfel) ist ein etwa 14 Kilometer langer Höhenzug im Süden der zu Spanien gehörenden Kanareninsel.
    • Etwa 120 Krater finden sich dort, sieben davon waren in den vergangenen 500 Jahren ausgebrochen.
    • Die letzte Eruption ereignete sich im Jahr 1971. Über den Höhenzug verläuft ein beliebter Wanderweg.

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    La Palma gilt wegen ihrer teilweise dicht bewaldeten Vulkangebirgswelt als eine der schönsten Inseln des Archipels, das vor der westafrikanischen Küste liegt. Auf der Insel gibt es keinen Massentourismus, wie etwa auf Teneriffa oder Gran Canaria. La Palma ist eher etwas für Individualisten. Besonders Naturfreunde fühlen sich dort wohl. Die Vulkanwanderroute durch die Kraterwelt des Cumbre Viejo ist berühmt wegen ihrer atemberaubenden Ausblicke.

    Kanaren sind gut vorbereitet auf Vulkanausbrüche

    Zuletzt wurde vor zehn Jahren auf den Kanaren Vulkanalarm ausgelöst. Damals war die Nachbarinsel El Hierro betroffen. Dort war im Oktober 2011 etwa zwei Kilometer vor der Küste ein Unterwasservulkan explodiert. Der Krater befand sich mehrere hundert Meter unter der Wasseroberfläche. Wegen der ausströmenden Lavamassen trieb monatelang ein Asche- und Lavateppich auf dem Meer.

    Vulkan immer aktiver. Der Höhenzug Cumbre Vieja im Süden der kanarischen Insel La Palma.
    Vulkan immer aktiver. Der Höhenzug Cumbre Vieja im Süden der kanarischen Insel La Palma. © istockphoto | David_Sch

    Die Behörden auf den Inseln sind durch lange Erfahrung mit den Vulkanen gut vorbereitet. Sie beruhigten auf La Palma die Menschen mit den Worten, dass die Lage unter Kontrolle sei. „Das Leben auf der Insel geht momentan normal weiter.“

    Beim letzten Vulkanausbruch auf La Palma im Herbst 1971 gab es keine direkten Opfer. Nur ein Schaulustiger, der sich offenbar dem feuerspuckenden Krater zu weit genähert hatte, starb an einer Rauchvergiftung. „Die Lava wurde 50 Meter in die Luft geschleudert“, berichtete damals der Reporter der Zeitung „ABC“. Die spektakulären Bilder dieser Eruption hängen heute in einem Vulkanmuseum, in dem Besucher sogar in bizarren Lavatunnel hinabsteigen können.

    Die Kanarischen Inseln zählen zu beliebtesten Urlaubszielen in Europa. Rund 14 Millionen Menschen reisten etwa im Jahr 2019 auf die Inselgruppe. In Deutschland belegen die Kanaren Platz Fünf der bliebtesten Reiseziele. Lesen Sie auch: Erdbeben: Forscher machen beunruhigende Entdeckung in den Alpen

    (mit pcl)