- Der Corona-Impfstoff von Astrazeneca steht seit dem Auftreten schwerwiegender Nebenwirkungen in der Kritik
- Allerdings gibt es auch viele unterschiedliche Meinungen und Vorgehen
- Viele Länder, unter anderem Deutschland, haben die Nutzung des Impfstoffes eingeschränkt
- Doch die EMA und die WHO empfehlen eine uneingeschränkte Verwendung
Jetzt wirbt auch Karl Lauterbach mit ganzem Einsatz für den Corona-Impfstoff von Astrazeneca. Er habe sich mit diesem Vakzin impfen lassen, berichtete der 58-jährige SPD-Gesundheitsexperte, nachdem er einen Tag als Helfer im Impfzentrum Leverkusen gearbeitet hatte. Astrazeneca sei ein „hochwirksamer Impfstoff“, schwere Nebenwirkungen seien „sehr rar“, lobte der studierte Mediziner. Zuvor hatten sich schon Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem in die Schlagzeilen geratenen Vakzin spritzen lassen.
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Doch ob das hilft, die verbreiteten Zweifel an Astrazeneca zu zerstreuen? Die Verwirrung ist groß, seit Experten in Europa unterschiedlichste Empfehlungen abgeben. In Deutschland soll der Impfstoff nur noch Menschen ab 60 Jahren injiziert werden. Grund für die Entscheidung der Gesundheitsminister sind Hirnvenenthrombosen bei ein bis zwei unter 100.000 geimpften jüngeren Frauen.
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Astrazeneca: In diesen Ländern sind die Impfungen eingeschränkt oder ausgesetzt
Folgende Länder haben die Impfung mit dem Astrazeneca-Vakzin eingeschränkt:
- Deutschland (ab 60)
- Spanien (ab 60)
- Italien (ab 60)
- Niederlande (ab 60)
- Slowenien (ab 60)
- Frankreich (ab 55)
- Belgien (ab 55)
- Großbritannien (ab 30)
Diese Länder haben die Impfungen mit dem Astrazeneca-Vakzin ausgesetzt:
- Dänemark
- Norwegen
Astrazeneca: EMA und WHO empfehlen uneingeschränkte Nutzung
Die EU-Arzneimittelagentur EMA dagegen entschied diese Woche, der Impfstoff könne weiter uneingeschränkt verwendet werden. Zwar werden die beobachteten Blutgerinnsel im Gehirn nun als „seltene Nebenwirkung“ des Vakzins anerkannt, möglicherweise seien sie eine Immunreaktion auf den Impfstoff. Doch trotz der Häufung von Thrombosefällen bei Frauen unter 55 Jahren handele es sich um einen hoch wirksamen Impfstoff, sagt EMA-Chefin Emer Cooke.
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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stimmt dieser Einschätzung zu und relativiert, bei weltweit inzwischen 200 Millionen mit Astrazeneca geimpften Menschen seien die problematischen Vorfälle sehr selten. Inzwischen ist diese Vielstimmigkeit auch der EU-Politik zu viel. Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides rief die EU-Staaten zu einem abgestimmten Vorgehen auf, um das öffentliche Vertrauen zu stärken. Die Entscheidungen sollten „auf der wissenschaftlichen Arbeit der EMA beruhen“. Könnte Kyriakides es entscheiden, würde sie die Einschränkungen in Deutschland wohl wieder aufheben. Lesen Sie auch: Corona: Diese Astrazeneca-Nebenwirkungen können auftreten
Stiko will an Empfehlung für Astrazeneca-Impfstoff festhalten
Doch so weit wird es nicht kommen. In Deutschland bleibt es bei der Empfehlung für den Einsatz nur in der Ü60-Gruppe, wie die Ständige Impfkommission (Stiko) klar machte. Stiko-Chef Thomas Mertens bestreitet, dass es überhaupt einen Widerspruch zwischen den Einschätzungen der EU-Ebene und der Impfkommission gebe. Dass der Impfstoff in seltenen Fällen zu schweren Nebenwirkungen führen könne, bestreite niemand. Mehr zum Thema: Astrazeneca: Die wichtigsten Antworten zur neuen Regelung
Die EMA sei aber für die grundsätzliche Zulassung zuständig und habe recht, wenn sie in gesamteuropäischer Sicht den Impfstoff positiv bewerte - viele Länder hätten kaum etwas anderes zur Verfügung, meint Mertens. Der Stiko dagegen gehe es um den besten Nutzen der Bundesbürger. Und hierzulande stünden eben auch andere Impfstoffe bereit, deshalb könne man den Einsatz in den Altersgruppen verschieben und schwere Nebenwirkungen reduzieren.
Doch auch in Deutschland bleiben Fragen. Die Impfkommission empfiehlt für Jüngere, die bereits eine Erstimpfung mit Astrazeneca bekommen haben, nun eine Zweitimpfung mit dem Vakzin von Biontech oder Moderna. Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern sind indes noch nicht überzeugt, weil klinische Studien dazu fehlen. Eine Entscheidung wurde vertagt, nächsten Dienstag wird erneut beraten.
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